Seit inzwischen 10 Jahren bereise ich jährlich Nord-Indien. Besonders zuhause fühle ich mich dabei in Rishikesh – und – von dort ausgehend entwickelte sich langsam der Zugang zu Mother Ganga und den Bergen des Himalaya und eine Sehnsucht, die Quelle zu „berühren“.
Eines Tages war es dann soweit, dass ich den ersten Schritt tat und Swami Premananda in Ganeshpur – unweit von Uttarkashi – besuchen durfte. Das war im März 2016, es war ein großes Geschenk und so gut es ging, tauchte ich in die Atmosphäre ein. Das Tagesprogramm war dabei hilfreich und sehr dicht, ließ mir genug Freiraum für Kontemplation und leichte kürzere Wanderungen in die nähere Umgebung am Nachmittag. Mental begannen da die Vorbereitungen für die Reise, die wir nun erleben durften.
In den 2 Jahren darauf folgten neben längeren Aufenthalten in Ganeshpur zwei eintägige Trips nach Gangotri – jeweils im Winter -, die letzte Station auf dem Weg, die via Jeep erreichbar ist. Im März 2018 konkretisierte sich alles und der Ashram sagte mit Unterstützung für die Organisation zu und so fügten sich die Puzzlesteine für diese Reise zusammen, die Flüge wurden gebucht und unsere Mini-Reisegruppe war rasch fixiert.
Tag 1
Wie gewohnt flogen wir über Nacht gen Delhi, errichten Delhi am Vormittag und das vorbestellte Taxi holte uns ab. Wir brauchten gute 8 Stunden, um in Rishikesh zu landen, starke Nerven, um das ständige Telefonieren des Fahrers auszuhalten, zudem war er ein Spezialist für Nebenstrassen und diese waren mit besonders vielen Schlaglöchern ausgestattet. Parallel gab es einen länger anhaltenden Taxistreik von dem wir immer wieder mal tangential berührt waren.


Endlich angekommen in unserem Ashram Guesthouse bezogen wir unsere Zimmer und erfrischten uns, gingen ins nahegelegene Restaurant Flavours zum Abendessen und dann wahlweise schlafen oder zum Satsang in den Sivananda Ashram. Letzterer war für mich ein Ankommen und Eintauchen in das Hier und Jetzt, die Hanunman chalisia, die Samstags immer rezitiert wird, steht mir dabei besonders nah. Das gesamte morphologische Feld war durchwoben mit der Energie Gurudevs, es war lebendige Stille, in die ich eintauchen durfte.
Tag 2
Am nächsten Morgen begann unser Tag 5 Uhr morgens mit der Morgenmeditation im Samadhi Schrein, dem folgte ein Rundgang durch den Ashram und durch Ram-Jhula mit dem berühmten Maha-Mantra, dessen Diamantenes Jubiläum gerade begangen wird:
Hare Rama Hare Rama
Rama Rama Hare Hare
Hare Krishna Hare Krishna
Krishna Krishna Hare Hare




Gerade noch rechtzeitig zurück, besuchten wir im Viswanath Mandir (Lord Shivas Tempel) das Arati. Laut kräftig und leuchtend wird die Morgenpuja abgeschlossen. Am Ende hat jeder die Gelegenheit sich über die Hände mit dem Licht, der gespeicherten Information des gesamten Prozesses zu nähren und in Kontakt zu treten. Im Außenbereich des Tempels kann man Prasat empfangen: Kicheri und Panch Amrit (5 Nektar).



en weiteren Tag, es war sehr heiss und feucht, verbrachten wir mit einem Spaziergang von Lakshman-Jhula nach Rham-Jhula ein paar Besorgungen für die Weiterreise gen Uttarkashi und Gangotri wurden noch getroffen, Nachmittag Besuch bei Swami Sarvamangalananda mit der mich eine langjährige herzliche Freundschaft verbindet, und am frühen Abend besuchten wir das Gurudev-Kutir und nahmen am Kirtan singen und am Ganga Arati teil. Es freute mich sehr Swami Hamsananda wieder zusehen, auch wenn ich diesmal nicht zum Sanskrit- Unterricht kommen konnte.
Den Abend schloss eine wunderbare Hathayoga-Stunde mit Ashish Kumar Shama ab.
Tag 3
Bereits am nächsten Tag setzten wir nach Morgenmeditation und Puja – einer hingebungsvollen Zeremonie, die zum täglichen Ablauf des Ashrams seid vielen Jahrzehnten gehört – unsere Reise fort. Unsere Körper gewöhnten sich so langsam an höhere Gefilde. Die Hauptstrecke war zum Teil unpassierbar, zum anderen gab es immer noch das Taxistreik-Problem, sodass wir auswichen und über Dehradun und Mussoori nach Uttarkashi bzw. nach Ganeshpur gelangten. Es war eine wunderbare Fahrt, die Landschaft traumhaft und die Luft klar, der Himmel blau.

Ein langes (ca. 50 cm) Leguan-ähnliches Reptil überquerte selbstbewusst die Straße, unser Driver blieb völlig unberührt davon. Nach 7 Stunden erreichten wir den Ashram. Alles war für uns vorbereitet und der Garten lud uns zum Verweilen und uns auszuruhen ein, ehe der Abendsatsang begann. Dankbar gingen wir früh schlafen, um am Morgen an den Gesängen mitsingend oder meditierend um 5 Uhr teilnehmen zu können.
Tag 4
Den Höhepunkt stellt der Yoga-Vashishta Discourse am Vormittag dar, den Swami Premananda täglich gibt. Dabei werden in 2,5 Std. sehr lebendig ein oder zwei Verse der Yoga Vashishta rezitiert und so aufbereitet, dass wir in der Lage sind, Fünkchen oder Funken davon zu verstehen, in die Vibration einzutauchen, den Moment wahrzunehmen und zu wahrem Wissen zu gelangen – slowly slowly. Ein paar Notizen dazu:
- Der mind, der kein aktives Handeln setzen kann
- Der mind made by „food“
- Prana made by air
- Die Frequenz einer Frage bestimmt die Frequenz der Antwort
- How to control the mind?
- Prana is only for actions
- STOP driving out
- Relativität der Dinge
- Prana bewegt sich immer in die Richtung des Verstandes/Geistes
Am Nachmittag wurde der 70. Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens mit den Kindern im Garten des Ashrams zelebriert, vorgetragen, Geschenke verteilt.



Tag 5
Am Morgen Yogastunde in der Yoga-Hall, Abfahrt nach dem Frühstück mit Surya – ein guter Freund und Mitarbeiter des Ashrams -, der uns begleitet, gen Gangotri über Gangani mit den heißen Quellen. Diese erwiesen sich als so heiß, dass ein Bad unmöglich war und wir nur mit den Füßen kurz ins Wasser hineingingen. Die Fahrt war abenteuerlich, schmale Strassen, viele Serpentinen und immer dem Abgrund nahe. Souverän wurden wir gefahren und durchquerten die Landschaft um Harsil, welche bekannt ist als das Apfelanbaugebiet dieser Gegend, und nahmen gleich Äpfel mit für unsere Reise.
Angekommen in Gangotri (3042m Höhe) – der spirituellen Quelle des Ganges, hatten wir damit zu tun, unser Gepäck in die Unterkunft zu tragen – der Sauerstoff war eindeutig weniger als auf 1800m Höhe.




Tag 6
Bereits am nächsten Morgen starteten wir gen Gomoukh/Boshwasa, um unseren Weg zur physischen Quelle des Ganges fortzusetzen. Surya ergatterte uns gerade noch ein Pferd (ich hätte keine Chance gehabt), welches unser Gepäck tragen konnte. Alles was wir abgeben konnten, gaben wir ab, um so leichter konnten wir gehen.
Ein wunderschöner, stetig leicht ansteigender Pilgerweg führte uns ins Tal hinein. Immer wieder boten sich phantastische Ausblicke. Eindrucksvolle Gebirgsmassive, sonnenbeschienene, schneebedeckte Gipfel, Birken am Weg erzeugten ein magisches Ambiente, was uns still werden ließ. Wir waren glücklich und guter Dinge, es ging langsam voran, wir ließen uns Zeit. Endlich nach Kilometer neun eine Raststätte, nur ein Gedanke – niederlegen und ausruhen. Dann ein leichtes indisches Mittagessen bestehend aus Reis und Dhal – einfach köstlich und uns stärkend.
Weiter noch 5 km bis Boshwasa, das wir nach 8 Stunden erreichten. Dort unser Quartier beziehen, es gab Zelte und noch genug Schlafplätze im Haus, was wunderbar für uns war, dunkel und kalt, aber trocken, windgeschützt und ein Bett mit Decken. Dunkel wurde es sehr bald, eine Petroleumlampe spendete düsteres Licht, die Küche servierte uns ein gutes Essen und danach gingen wir sehr bald erschöpft und glücklich schlafen.
Statistik: 27783 Schritte • 18 km • 600 Höhenmeter • 5:20 Std. reine Gehzeit






Tag 7
Am Morgen trennte sich unsere Gruppe, optional ergab sich die Möglichkeit weiter über Gomoukh nach Tapovan zu gehen, was als schwieriger Weg und wunderschönes Ziel bekannt war. Während unsere Yoga- Bergfrauen mit einem lokalen Guide den Weg schon um 7 Uhr begannen, stapften Surya und ich erst später los gen Gomoukh. Der Quellfluss des Ganges Bhagirati entspringt dem Inneren des Gletschertors. Dieser fließt nach 214 km mit dem etwas größeren Alaknanda zusammen und bildet damit den Ganges.




Anbei ein paar Aufnahmen vom Weg nach Gomoukh (dem Kuhmaul) und weiter auf das Tapovan – Plateau (4500m) hinauf. Es war nicht übertrieben, dass der Weg eigentlich kein Weg ist und jeder Schritt Konzentration forderte, ihn zu setzen. Chancenlos ohne Durchhaltevermögen, Kondition und Erfahrung.



Surya und ich ließen uns mehr Zeit und ich war überrascht, wie schwierig es war, schon allein nach Gomoukh zu kommen, es gab mehrere sehr ungesicherte Wege, alles rutschte und war im Abbruch gen Ganga „rolling stones“ waren das Normale. Oder der Pfad verschwand im Nichts und es galt über Steinfelder/Felsbrocken hinüber zu klettern. Aber in dem Moment, wo der Blick frei ist zum Shivaling (6543m), ist alles Mühsal vergessen und es ist ein überwältigendes Glücksgefühl in das man eintaucht. Wunderbar. Gnade. Frieden. Dankbarkeit. Glück. Diese gefühlte Erfahrung in Stille – in so einer großen Stille zu speichern und zu bewahren war einzigartig. Atemberaubend schön. Innehalten und Weitergehen.

Von Gomoukh aus kehrten wir zurück gen Boshwasa und waren bereits in Boshwasa ziemlich erschöpft, stärkten uns mit einem wunderbaren Kicheri und zogen gegen 14 Uhr weiter gen Gangotri. Weitere 14km lagen vor uns und wir waren schon müde. Wir erreichten Gangotri dann erst im Dunkeln am frühen Abend, hatten etwas Leichtes zum Abendessen und dann nur noch schlafen.



Statistik: 40348 Schritte • 26,2 km • 300 Höhenmeter • 7:12 Std. reine Gehzeit
Tag 8
Währenddessen unsere Bergfrauen hoffentlich gut wieder in Boshwasa zurück waren – es gab keine Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Handys hatten keinen Empfang. Vertrauen war angesagt.



Ein Zimmer mit warmem Wasser hatte ich mir gewünscht und das warme Wasser kam dann in einem Kübel direkt ins Zimmer – ahja – also so ging das da. Es war herrlich. Morgens dann Spaziergang durch Gangotri, Tempelbesuch ohne anzustehen, dankbar sein und sich ans Wasser setzen, schauen, meditieren, schreiben, fotografieren, spüren, denken , zulassen, bewegen, träumen und DASEIN.



Mittags sollten wir alle wieder zusammenkommen um am frühen Nachmittag wieder gen Ganeshpur zurückzufahren. Gegen 11 Uhr trafen Surya und ich zusammen (unverabredet – er meinte, er findet mich. Was auch so war) und dann erhöhte sich die Spannung, ob wohl alles nach Plan gut gegangen ist und unsere Gruppe wieder zusammen kommt. Dem war so – erschöpft und glücklich zogen wir weiter, nach einem guten Lunch in Ganeshpur.
Damit landeten wir wieder im Warmen und waren sehr, sehr dankbar dafür. Warmes Wasser, gutes frisches Essen, saubere Zimmer, der Ashram eine Oase zum Ausruhen am Ufer des Ganges.
Tag 9 & 10
Die nächsten beiden Tage regenerierten uns mit sanften Yogastunden, Sonne, leichten Spaziergängen, meditieren und Gesängen, tauchten in Mother Ganga ein und badeten uns der Tradition entsprechend. Es war erfrischend und segensreich zugleich.





Die geistige Kost bot uns Swamiji in seinen Lectures. Alles war gut und vollkommen – nichts fehlte.
Kontemplation:
- Wenn du etwas verstehst, es nicht akzeptierst- was ist dann der Sinn vom Verstehen?
- How to stop the mind?
- Future expectations – Suffering
- Forget your trouble – vergiss dein Problem
- Ein bisschen wahres Wissen kann dich vor großen Gefahren bewahren


Schluss
Von hier aus geht es zurück mit dem Taxi gen Rishikesh für ein paar Stunden Pause. Noch einmal hinein ins quirlige Leben hier. Abschliessend nehmen wir noch eine Iyengar-Yogastunde mit meiner Lehrerin Usha Devi.
Wir fahren nachts gen Delhi und erreichen Wien glücklich und zufrieden am nächsten Abend.
Die nächsten beiden Möglichkeiten für Deine individuelle yogische Indienreisen sind
- 25.01-10.02.2018 Hatha-Yoga und Spirit in Rishikesh
- In Planung für Oktober 2019, wieder : Pilgerreise zur Ganges Quelle
und wie so oft some Life-Birds:
