La Gomera – eine Insel umwandern

Der Entschluss zur Umwanderung hat sich fast von allein ergeben, denn es war kein Quartier auf der Insel für 10 Tage am Stück zu finden. Teile des einmal um die Insel führenden Rundwanderweges 132 und dessen Beschilderung waren uns schon früher immer wieder begegnet. So beschlossen wir einzelne Quartiere entlang des Weges zu buchen.

Die Vorbereitungen waren rasch getroffen und kleine Rucksäcke ausgesucht – wir wollten minimalistisch mit wenig Gepäck unterwegs sein. So starteten wir Etappe 1 in San Sebastian. Wir ließen uns vom Taxi 8 km ins Tal hineinfahren, um den ersten Abschnitt von 26km – an einem heißen Tag – machbarer zu gestalten. Über Berg und Tal landeten wir schließlich in Hermigua. Ein langezogener Ort, der immerhin die zweitgrößte Stadt auf der Insel ist. Die Villa Creativa war unser erstes urgemütliches Zuhause für eine Nacht. Abendessen nahmen wir in der Cafetería Gara ein, ein uriges von einem liebevollen Kautz geführter Laden, der mit dessen Malereien dekoriert ist. Das Hauptmotiv: Katzen – auch meditierend. Symphatisch. Pünktlich um 4 Uhr morgens begannen die Hähne zu krähen. Damit war die Ruhe vorbei und gestärkt mit einem self-made Porridge zogen wir weiter.

Erstmal ging es auf Meereshöhe, zum Strand. Dort ragen rechterhand vier quadratische Betonpfeiler der El Pescante aus dem Wasser, die einst als Bananen-Verladestation benutzt wurde. Der Wellenstand war in der Regel zu hoch als das Schiffe anlegen konnten und man hat mittels Kran verladen müssen. Entlang der Küstenstraße ging es weiter nach Agulo, wo wir uns der berühmten Roten Wand stellten. Und ja, sie ist steil und man glaubt unten stehend „da gehts nicht hinauf“. Und doch, Schritt für Schritt, plötzlich oben. Das Hochplateau zeigte sich windig und kalt, die einstige Sensation der Skywalk ‘Mirador de Abrante’ auf unabsehbare Zeit verlassen. Weiter ging es durch herrliche Landschaften und Wälder, die zum Nationalpark Garajonay gehören, bis nach Vallehermosa. Dort überraschte uns unsere Unterkunft Hotel Anaterve. Super gut, so freundlich, mit schönem Block auf die Stadt und zu unserer Überraschung und Erleichterung vegan/vegetarisch.

Das tägliche Wanderpensum betrug meist 6-8 Stunden reine Gehzeit. Die Angaben der Wegweiser weisen leider nur Kilometer aus, was leider definitiv wenig aussagt. Das Netzwerk der Beschilderungen ist allerdings ausgezeichnet, mit fünf heruntergeladenen Offline-Karten (App ‘Osmand‘) plus einer klassischen Wanderkarte aus Papier waren wir bestens beraten und versorgt.

Weiter ging es am kommenden Morgen in Richtung Arure über Alojera, einem kleinem, ruhig gelegenen Dorf an der Nordwestküste. In diesem Abschnitt machten uns Wind und Wetter sehr zu schaffen. Windböen machten das Geradeaus-gehen zur Herausforderung. Nach einem Viertel der Etappe erholten wir uns in einer typischen Touristen-Cafe-Bar. Diese war leer und mehr dafür eingerichtet ganze Busse zu bedienen, aber immerhin war es dort warm, wir konnten uns im Trockenen stärken und windfrei ausruhen. Noch wussten wir nicht, wie lang sich dieser Tag noch hinziehen würde, ehe wir in unserem Quartier – besser: Absteige – erschöpft ins Bett fallen sollten.

Auf dem Weg weiter nach Alajero, mussten wir immer wieder über nasse, rutschige Steine bergabsteigen; dann weiter Richtung Valle Gran Rey. Die Strecke an sich wunderschön, aber stürmisch wars und wie. Es ging nur mit hoher Konzentration und langsam aber stetig voran. Sensationelle Ausblicke belohnten uns. Und schließlich am Tag 4 erreichten wir Valle Gran Rey. Wir erlaubten uns einen kleinen Umweg und erstiegen am Morgen noch den Tafelberg Fortalezza – sehr beeindruckend -, ehe wir dann von Chipude durch einen wunderschönen Baranco ins Tal herabstiegen.

Endlich eine Pause in Valle und – es fügte sich gut – es war Sonntag. Einen kleinen lokalen Künstlermarkt besuchten wir und erfreuten uns am bunten Treiben von Menschen, die zusammen kommen, sich austauschen und Geschäfte machen. Endlich auch wieder Baden im Meer, Entspannung pur, den Füßen eine Pause geben – wir waren inzwischen bei Kilometer 95 der Strecke bei täglich fast 1000 Höhenmetern.

Ausgeruht ging es den Kirchberg wieder hinauf, um dann weiter nach La Dama zu gehen. Es war sehr heiß, steinig und die Wege zogen sich auf und ab – nahezu ohne Spur von Zivilisation. Nur langsam schrumpfte die noch zu bewältigende Strecke. Wasser, unsere Sport-Protein-Shakes und Sport-Boost waren auf dem Abschnitt besonders hilfreich. La Dama war mehr oder weniger eine einzige Bananenplantage unter Verschluss. Es herrschte eine merkwürdige Atmosphäre: keine Menschenseele unterwegs und diese Monokultur. Vielleicht gibt es ihn ja doch irgendwo den Bananen-Baron?

Unser Quartier lag 16 km abseits des Weges. Wie entschieden uns auch dorthin (nach Chipude) zu Fuß aufzusteigen. Gerade noch vor Eintritt der Dunkelheit erreichten wir das Hotel Sonia. Idyllische Lage, gutes Essen und eine mobile Heizung im Zimmer – mehr brauchten wir gerade nicht. Überall mundete uns die traditionelle gomerianische Kresse-Suppe. Wärme von Außen schafft Kraft und Zufriedenheit im Inneren.

Der folgende Tag – unser siebter – brachte uns weiter gen Alajero. Um unseren Einstieg wiederzufinden, ließen wir uns mit einem Taxi zurück nach La Dama bringen und wanderten von dort aus weiter, durchquerten einen Barranco nach dem anderen. Einer war ein völlig verlassener Bananen-Friedhof – Wasser aus, Ende. Die Trockenheit zieht sich entlang der Südküste. Immer wieder erreichten wir Orte und Häuser, die aufgegeben werden mussten – nicht selten mit ungeklärte Besitzverhältnissen, die einen Verkauf bzw. Erwerb unmöglich machen.

In Alajero dachten wir an eine Bar oder ein Restaurant zum Pausieren, ehe wir nach Imada weitergehen wollten: Fehlanzeige, alles geschlossen. Für solche Fälle waren wir die ganze Zeit gut ausgerüstet. Glücklicherweise hatten wir noch vegane d-eat Ersatzmahlzeiten dabei. Einfach schnell und gut mit Wasser anrühren – alles drin. So gingen wir inzwischen schon sehr routiniert weiter gen Imada, Google versprach uns eine offene Bar/Bistro gegenüber von unserem Hotel. Auch dort Closed … Dafür wurde unser Herz erfreut von Mandelblüten und herrlichen Ausblicken. Farben und Düften gruben sich in den Moment eines jeden Ausblickes hinein und brachten großen Frieden, Mitgefühl und Zuversicht. Dann die letzte Nacht in der Fremde vor einer langen Etappe zurück nach San Sebastian.

Von Playa aus, führte uns unser Weg vorbei an verlassenen Ortschaften. Nach 5,5 Stunden erreichten wie „unser“ El Cabrito – eine wahre Oase. Es war schön wieder da zu sein – wenn auch nur zum Baden, Wasser auffüllen und etwas kommunikativem Austausch -, nachdem wir es 10 Tage zuvor verlassen hatten. So viel haben wir gesehen und erlebt in diesen Tagen, und kein Platz war wie dieser. Und bald kommen wir zurück! Anfang April 02.-09.04.2022 darf ich da ein Yoga Retreat geben – ich freue mich sehr. Am späten Nachmittag erreichten wir San Sebastian – dankbar und glücklich, 190 Kilometer Weg lagen hinter uns und viele, viele Höhenmeter. Was bleibt – die Erfüllung. Eine Perlenkette von schönen Momenten und Erinnerungen, Herausforderungen und Vertrauen.

Besonderen Dank an Nils, Clara, Peter, Nora und Allen die diese Tour möglich gemacht haben!

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