Und schon wieder ist es August, einmal mehr unterwegs für eine Woche Zen und Wandern mit Christoph Singer. In den Bergen, im Schweigen, Eintauchen in die Stille, in dieses Nichts in Allem. Verzicht und Reduktion der eigenen Wünsche und Vorstellungen, keine Erwartungen, Eintauchen in das was jetzt ist und das in jedem Moment.




Die Übung. Immer wieder klar, prägnant unmissverständlich und doch immer wieder zu verfehlen. Nicht aufgeben. Atmen, sich auflösen und es weiter atmen lassen. Neu beginnen in jedem Moment. Dafür ist der Wallfahrts-Ort Maria Luggau und das Kloster mit der Marien Basilika im Lesachtal ein Platz, an dem die Natur diese Absichten unterstützt. Beginnend beim sich im immer wiederkehrenden Vollgeläute – wie es zu jeder Stunde passiert – mitnehmen zu lassen. Lass dich berühren und du bist berührt.



Tage 1 – Kapelle St. Radegund
Da unsere erste Wanderung zur Samalm am morgen wetterbedingt kürzer ausfiel als geplant, konnten wir am Nachmittag mit dem Bus nach St. Lorenzen fahren, um dann zur heiligen Radegund hinabzusteigen. Radegund in St. Lorenzen ist allen Reisenden gewidmet und Reisende sind wir alle, jeder von uns ist unterwegs. Nach Innen oder nach Außen der ganze Lebensweg eine einzige Reise. Nach einer kurzen Andacht tönte in der Kapelle ein vielschichtiges Schalom. Die bekannte hebräische Grußformel die für Unversehrtheit und Heil steht. Währenddessen es draußen begann stark zu regnen, durchströmte uns der Klang des Tönens. Entlang des Obergailer Baches ging es zu Fuss zurück, der Regen spülte vieles von uns ab und Schritt für Schritt näherten wir uns dem Kloster, wo wir uns wieder den Sitzmediationen hingeben konnten. Die Stille nach Bewegung ist immer ganz besonders, der Geist findet einfacher in die Stille. Das Wechselspiel unserer achtsamen Übungen unterstütze diesen Prozess.
Tag 2 – Öfenspitze
Der Aufstieg zur Öfenspitze (2334 m) am Tag 2 war großartig, wie ein Organismus zog sich unsere Gruppe durch die Wege hinauf zum Gipfel. Getragen von der Kraft der Gruppe liess es sich leichter gehen. Das Schweigen inkludiert unzählige Selbstgepräche die allmählich und zunehmend verstummen, leiser werden, es gibt auf nichts anderes zu achten als sich Schritt um Schritt vorwärts zu bewegen. Präsenz. Eigene Konstrukte zu überwinden, Achtsamkeit zu üben, jeder für sich. Spannend ist, das das Schweigen sehr verbindet und das merkt man zumeist erst am Ende der Woche bzw. am Heimweg- wie gut es tat, zu teilen nicht verbal – non verbal. Das große Miteinander, was existent war und ist. Manchmal hat man liebe Menschen gedanklich mitgenommen, vielleicht gerade die, die nicht mehr so unterwegs sein können oder jene die in letzter Zeit von uns gegangen sind. Immer wieder hielten wir inne um zu schauen, wertfrei, das Ganze betrachtend.
Distanz: 12,8 km








Tag 3 – Untertilliach Winkl
Tag Drei- ein großer Tag, wir wurden bereits 4.30 Uhr mit der Glocke geweckt, und trafen uns zu einer Morgenmeditation um 5 Uhr, danach Frühstück und Abfahrt mit dem Bus 6.30 Uhr nach Untertilliach Winkl. Der Weg zog sich lang einen Forstweg hinauf, vorbei an Waldarbeitern die in dem Tal unermüdlich dabei sind, den Wald wieder aufzuräumen, der sehr unter einer Unwetter-Sturmnacht im Herbst 2018 gelitten hatte. Vorbei aber auch an Eierschwammerln, die einluden geerntet zu werden, hier erfreuten wir uns nur visuell daran. Am Ende des Forstweges ging es steiler hinauf und der Weg war noch von vielen Windbruchgehölz verlegt, so dass es galt besonders achtsam zu steigen, zu treten, zu umgehen und weiter Schritt für Schritt hinauf. Der Aufstieg nahm für mich gefühltermaßen kein Ende und der Mind erklärte mich für verrückt weiter zu gehen, in der Annahme denselben Weg wieder zurück zu müssen. Doch die Füsse folgten dem Automatismus, das Tempo erschien mir zu schnell, das Ziel war nicht sichtbar und dennoch Schritt für Schritt – overcome your mind – step by step. Doch dann doch endlich – Gipfel erreicht – die Wolken rissen genau in dem Moment auf und es blieb Gnade, Dankbarkeit und ein weiter Blick im Innen und Außen. Von da aus ging es, nach einer ausgiebigen wohlverdienten Rast weiter ein Stück auf dem Karnischen Höhenweg gen Winkljoch, die Sonne war uns wohl gesonnen und wir konnten nochmals die Ausblicke geniessen und uns stärken. Und manchmal kommt es anders als erwartet der Rückweg ins Tal offenbarte sich als Rundweg und war zwar lang aber leicht zu gehen. Was für eine Freude und was für eine Erkenntnis sich doch nicht zu sehr unnütz in die Zukunft gerichtete Sorgen zu machen. Lektion verstanden.
Distanz: 20 km










Tag 4 – Luggauer Böden
Die nächsten beiden Tage ging es am Wasser entlang, zum einen auf die Luggauer Böden, lang hinein ins Ebnertal, um dann den Wasserfallweg hinaufzusteigen und sich oben auszuruhen. Gerade dort auf dem historischen Boden, wo im ersten Weltkrieg erbittert gekämpft wurde. Wenn du geschichtlich mehr darüber erfahren möchtest lese hier (Seite 76 und folgende) weiter. Friedlich sitzen. Frieden. Wie wertvoll, etwas für uns selbstverständliches, was es tatsächlich nicht ist. Es gilt aufmerksam, achtsam darüber zu wachen. Dazu hörte ich mir am Heimweg (gen Niederösterreich) eine aktuelle interessante philosophische Betrachtung -die Gegenwart betreffend – von Gunnar Kaiser an. Erleichternd für Fussmüde gab es an diesem Tag eine optionale Taxifahrt aus dem Tal heraus zurück ins Kloster, was mir die Option eröffnete eine Hatha-Yoga Einheit zwischen zu schieben, die mein Körper ganzheitlich so dringend benötigte. Das war großartig. Distanz: 13,9 km
Tag 5 – Stukkenseen
Und ja, unser letzter Tag die Stukkenseen, was für eine schöner Weg hinein, hinauf, entlang und ankommen. Angekommen rasten und im See ein erfrischendes Bad nehmen – wie wunderbar. Große Dankbarkeit.
Distanz: 16,3 km
Morgens und abends zu sitzen, aufgerichtet verbunden mit dem Himmel und der Erde – sitzen und nicht sitzen im selben Moment – mental vergleiche ich den Zustand immer mit einem Yogi der auf einem Nagelbrett meditiert. Einkehr in diese innere Stille das manifestierte sich, diese Stille im Sitzen nicht nur für uns, sondern als ein Beitrag, der sich in das größere uns umgebende Bewusstseinsfeld einspeist und mit diesem verbindet. Eine großartige Erfahrung und Übung.
„Achte Gut auf diesen Tag”, denn er ist das Leben, das Leben allen Lebens. In der Kürze seines Ablaufs liegt alle Wirklichkeit und Wahrheit des Seins die Wonne des Wachsens ,die Größe der Tat und die Herrlichkeit des Schönen. Denn jedes gestern ist nichts als ein Traum, und jedes morgen nur eine Vision, das heute jedoch recht gelebt macht jedes gestern zu einem Traum voller Glück und jedes Morgen zu einer Vision voller Hoffnung, drum achte gut auf diesen Tag.“
Von Unbekannt aus dem Sanskrit übersetzt










Ganz oft – ja täglich – gab es ein Treffen im Kloster-Kräutergarten. Ein Platz der liebevoll gepflegt wird mit vielen bekannten Kräutern und Blumen, viele davon Heilpflanzen aus der Region. Besonders angetan hatte es mir die Marien-Distel mit ihrem auf mich apokalyptsich wirkenden Fruchtkörper, dem dann in fortgeschrittener Reife die Flugkörper mit jeweils einem Samen entsprangen (s. Bild mit blauem Hintergund). Ein Wunder ohnegleichen. Ist nicht eine jede Pflanze ein Wunder, aus einem winzigen Samen entspringt ein komplettes Wesen, das sich genau dem Bauplan gemäss entfaltet und keimt heranwächst Knospen entwickelt duftet blüht und wieder Samen bildet? Und das immer wieder – vieles Selbstverständliche wird an einem Platz wie hier genialer, grösser, wichtiger – die Essenz des Lebens mit der wir als Menschen im permanenten Austausch stehen. Wir sind genauso eingebunden genauso wunderbar und sollten nicht vergessen, uns als Teil der Natur wahrzunehmen. Pflanzen – genau betrachtet – erinnern uns daran.


Einen herzlichen Dank an Christoph und sein Team, die diesen Kurs achtsam, aufmerksam, kompetent, unauffällig perfekt und entspannt organisiert und geführt haben. Ohne diese Stille und auf das Erfahrung und Wissen basierende Sein, wäre uns als Teilnehmer nicht möglich gewesen diese Tage im Lesachtal so tief, stärkend und vertraut zu erfahren und zu erleben. Es war wunderbar für mich, 1 Woche weg zu sein von allen Verpflichtungen und mich anvertrauen zu dürfen, einzutauchen, den Bergen wieder zu begegnen, Gipfel zu erklimmen mit Menschen zu sein und diesem wichtigen sozialen Bedürfnis nachzukommen. Danke an alle!